Das Ende einer Zweikampfgruppe

Zwei Kämpfe ganz unterschiedlicher Art: vorn heißt es Mann gegen Mann ohne Waffen, dahinter allerdings rammt der Cowboy dem Indianer gerade das Messer in die Brust.
der Zweikampf ohne Waffen

 

Mann gegen Mann – dreht sich nicht (fast) alles im Wilden Westen darum? Das Spiel mit den kleinen Rothäuten und Bleichgesichtern – egal ob nun aus Masse oder später aus Kunststoff – reduzierte sich doch im Sandkasten immer nur auf die Frage: Wer gewinnt? Gut oder Böse (es sei dahingestellt, wer nun gut und wer böse ist)?

Unter den mehreren hunderten von Indianer- und Trapperfiguren gab es allerdings in der DDR nur eine einzige Zweikampfgruppe. In den 50er Jahren schuf sie die Firma Richard Hopf aus Mengersgereuth-Hämmern in Thüringen. Der mit Tomahawk kämpfende Indianer hat da bereits keine Chance mehr, sein Widersacher rammt ihm das Messer in die Brust. Ziemlich gewalttätig das Ganze. Und deshalb durchaus möglich, dass diese Diskussion um Gewalt im Kinderzimmer auch damals aufkam. Es gibt nämlich auch eine entschärfte Variante dieses Kampfes – ohne Waffen. Die Figurengruppe ist exakt die gleiche, aber es fehlen Messerknauf und Tomahawk. Die genauen Beweggründe der Figurenmacher werden wir mit Sicherheit nicht mehr erfahren, deshalb sind wir auf Vermutungen angewiesen. 

Die Zweikampfszene mit Messer in der Brust

Eigentlich gibt es nur drei Möglichkeiten: Bei den Faustkämpfern handelt es sich um eine frühere Version, die dann modifiziert wurde. Oder es handelt sich (vielleicht auf Kundenwunsch) um eine Exportvariante. Oder aber die brutale Szene wurde im Nachhinein „entschärft“, was durchaus auch ein Wunsch „von ganz oben“ gewesen sein könnte. Sei es, wie es sei, der Sammler freut sich auf solche Varianten. Denn die waffenlose Szene ist durchaus eine Seltenheit, die nicht einmal im aktuellen Massefigurenkatalog zu finden ist.

Neben dieser fast identischen Zweikampfgruppe gibt es übrigens noch eine weitere Szene von Hopf, die ebenfalls Faustkämpfer dargestellt. Die allerdings ist an einigen Stellen, wie Armhaltung von Indianer und Cowboy, anders modelliert, so dass sie mit Sicherheit auch einer anderen Form entspringt. Eine Abbildung der Zweikampfgruppe findet sich im Buch von Thomas Finck „Masse Wild-West-Figuren und Zubehör“, Teil 2. Auch zu dieser Gruppe gibt es keine plausiblere Erklärung.

Als Richard Hopf Anfang der 60er Jahre seine Produktion von Masse- auf Kunststofffiguren umstellte, blieb auch die Zweikampfgruppe im Programm. Allerdings nun wirklich überarbeitet und „entschärft“. Beide Kämpfer gehen nun mit einem Messer aufeinander los. Relativ harmlos, möchte man sagen, denn fast jede Spielfigur hatte eine Waffe in der Hand. Aber das sah damals wohl nicht jeder so. Der Wink „von ganz oben“ ist – im Gegensatz zu den Massefiguren – hier verbürgt: Die Auseinandersetzung zwischen Cowboy und Indianer war zu gewalttätig und wurde 1977 offiziell verboten.

Das war dann das Ende der einzigen DDR-Zweikampfgruppe. Aber die Kämpfe im Sandkasten, die blieben.



Die etwas entschärfte Gummi-Version des Hopfschen Zweikampfes.

Autor: Thomas Fiedler

(überarbeitete und aktualiserte Version eines Beitrages aus der Sächsischen Zeitung vom 13.2.2008)