Zu Besuch beim Bäumelmacher
Ein findiger Erzgebirger stellt Luffa-Bäume in alter Tradition wieder her
In Heft 2/2007 stutzte ich bei der interessanten Berichterstattung über die Nürnberger Spielzeugmesse in einem Satz: „Leider werden die alten Luffa-Bäume von Elastolin von keiner Firma mehr angeboten“. Nun, wahre Berge von Luffa-Schwämmen türmen sich in der Werkstatt von Uwe Kolonko in Burkhardtsdorf. Der kleine verträumte Ort liegt nahe Chemnitz im nördlichen Teil des Erzgebirges.
Seit vielen Jahren betreibt Uwe Kolonko hier sein Geschäft Deko-Antik. Nostalgische Dekorationsware und historische Handwerkskunst vereinen sich bei ihm in ganz besonderem Maße. Denn der selbst ernannte „Bäumelmacher“ hatte die pfiffige Idee, ein altes erzgebirgisches Handwerk wieder aufleben zu lassen.
Erzgebirgische Spielzeugmacher waren es nämlich, die einst aus Luffa-Abfällen kleine Bäumchen unterschiedlichster Art herstellten. Die Abfälle kamen aus der Schuhproduktion, wo der Schwamm als Dämmmaterial verarbeitet wurde (und übrigens auch heute noch wird). Die Bäumchen, Laub- wie Nadelbäume, aber auch Hecken und Koniferen zierten Heimat- und Weihnachtsberge, Pyramiden, Paradiesgärten, unzählige Spielzeugsortimente und nicht zuletzt Modelleisenbahnanlagen. Auch Zinnfigurensammler und Liebhaber von Soldaten-, Ritter- und Wildwestfiguren nutzten sie einst für ihre Dioramen oder Spiellandschaften. Heute sucht man sie tatsächlich oft vergeblich.
Darin sah Uwe Kolonko seine Chance. „Dr Bäumelmacher“, der schon früher Erzgebirge-Spielzeug mit Sachverstand und handwerklichen Geschick restaurierte, fing im Jahr 2000 an, sich ernsthaft mit dem Thema zu beschäftigen. Etliche Mal im Jahr bringt mittlerweile der Postbote Riesenpakete aus Übersee. Absender: Händler aus Südamerika. Der Inhalt: Luffa-Schwämme. Die sind übrigens keine Meeresschwämme, wie viele meinen. Die Luffagurke gehört zur Familie der Kürbisgewächse, wie auch die Melone oder Gurke. Der faserige, netzwerkartige Kern der Früchte wird nach der Ernte luftgetrocknet.
Mit einer großen Schere trennt Uwe Kolonko mit geübten Schnitten die Schwammteile. Zuerst werden die Laubbäume zurechtgeschnitten. Der Verschnitt wird später für dekorative Nadelbäume verwendet. Als Stamm verwendet er gebeiztes Rundholz oder auch Naturäste. Für den Sockel stehen wahlweise gedrechselte „Pritscheln“ aus Holz oder modellierte Massefüße bereit. Auch welche aus Zinn werden ab diesem Jahr im Angebot sein. Der Kunde ist da König, denn neben einem ständigen Verkaufsortiment arbeitet Uwe Kolonko auch auf Bestellung. Jede (naja, fast jede) Größe ist machbar, ob es ein Minibäumchen von wenigen Zentimetern oder eine Riesentanne sein soll. Der Schwamm setzt allerdings natürliche Grenzen, denn die Früchte werden nicht größer als 60 Zentimeter. Auch Sonderwünsche sind erlaubt. So schuf er kürzlich – ebenfalls nach altem Vorbild – einen Paradiesgartenbaum mit Drahtästen, an deren Enden kleine, unterschiedlich grün gefärbte Luffa-Spitzen steckten.
Übrigens, neben den traditionellen Luffa-Bäumchen entstehen in Kolonkos Werkstatt auch Palmen nach historischem Vorbild. Sie haben einen Massefuß, einen gewickelten Stamm und Palmenblätter aus drahtverstärkten Papier. Auch sie gibt es in verschiedenen Größen und Arten. „Ein Stück Natur in Miniatur“ beschreibt der 42jährige Erzgebirger seine Handwerkskunst. Und das nimmt man ihm auch ab.
Wer sich näher informieren möchte, kann sich gern wenden an: Uwe Kolonko, Ahnenweg 1, 09235 Burkhardtsdorf, Telefon 01723715886
Thomas Fiedler,
Spielzeugmuseum Görlitz
(Beitrag aus der Zeitschrift "Figuren-Magazin" Nr. 3/2008)